Montag, 7. Januar 2008

In der Klinik

Damit hier nicht der Eindruck entsteht, meine Zeit bestuende hauptsaechlich aus Reisen, hier ein paar Anekdoten aus dem Krankenhaus:
Die Nachtdienste, die die PJ-ler hier jeden dritten Tag machen (ich nur montags und donnerstags) haben es in sich. Man ist den Tag ueber, die Nacht und den naechsten Tag im Krankenhaus und bisher konnte ich maximal 2 Stunden schlafen. Wenn Operationen sind, steht man auch mal bis vier im OP und darf dann um fuenf die aktuellen Daten des Patienten (Temperatur, Herz- und Atemfrequenz und Blutdruck) aus den Schwesternkurven uebertragen. Dazu kommt die Liste aller chirurgischen Patienten, versehen mit Diagnose, Alter, Nummer,... sowie aktuellem Labor. Das ist gar nicht so leicht, da die Patienten der Chirurgie teilweise auch auf der gynaekologischen Station liegen oder gerade erst in die Ambulanz getaumelt kommen.
Den Hauptteil der "normalen" Patienten bestreiten die Blinddaerme und die Gallenblasen. Der Rest hatte einen Unfall oder einen Zusammenstoss mit anderen, sprich ein "trauma por arma de fuego" (Schussverletzung) oder eine Machetenwunde. Letztens habe ich zum Beispiel einen Streifschuss am Po gereinigt. Der Patient (24 Jahre) konnte nur auf einer Seite liegen, weil eine zweite Kugel ihm zwei Rippen gebrochen hatte. Aber nach drei Tagen Thoraxdrainage (zum Entfalten der verletzten Lunge) und viel Atemtraining konnte er heim!
Von Hygiene hat man hier ein etwas anderes Verstaendnis. Es gibt zum Beispiel kein Haendedesinfektionsmittel! Das haengt in Deutschland vor jedem Zimmer (was aber nicht unbedingt heisst, dass man es auch benutzt, je weiter oben man auf der Karriereleiter ist, desto sauberer scheinen auch bei uns die Haende zu sein und zu bleiben!) Hier habe ich heute zum ersten Mal eine Flasche gesehen und zwar auf der Intensivstation. Dafuer verlangt der Oberarzt seit neuestem, dass wir bei Visite Mundschutz tragen (wodurch einem noch heisser wird), er selbst aber waescht weder Haende noch Stethoskop zwischen den Patienten.
Die Patientenzimmer haben entweder vier oder zwei Betten mit Trennvorhaengen, Bad und Klo sind auf dem Gang. Fast jeder Patient hat einen Familienangehoerigen dabei, der mit ihm Waschen geht oder Klopapier kauft (das stellt die Klinik nicht). Material ist relativ knapp, man muss sich mit den Schwestern gut stellen, um eine Rolle "micropor" oder "cinta adhesiva" zu bekommen, Klebeband zum Befestigen der Verbaende.
Ganz unbedingt zu erwaehnen ist noch das Krankenhausessen: das besteht naemlich fast immer aus Fleisch! Es erstaunt mich immer wieder, was man noch alles mit Fleisch machen kann, das muss auf Dauer fast schon schwierig sein. Zum Fruehstueck Sandwiches oder Tacos mit Haehnchen, Mittagessen eine Art saures Geschnetzeltes mit Reis und zum Abendessen (waehrend der guardias) zaehe Rinderfiletstreifen mit Salsa. Das ist fuer die Mexikaner hier ganz normal, sie sind richtig erschrocken wenn ich erzaehle dass ich in Deutschland maximal einmal pro Woche Fleisch esse. Einmal gab es zum Fruehstueck Cornflakes mit frischen Fruechten und Joghurt- die Haelfte meiner Kollegen ist geflohen und hat sich ausserhalb des Krankenhauses etwas "Richtiges" zum Essen geholt. Und das Beste war aber einmal die Reaktion einer PJ-lerin, die schon wusste dass ich nicht so auf Fleisch stehe: Wir kommen in den Speisesaal, sie dreht sie freudestrahlend zu mir um und verkuendet: "no es carne, es pollo!" - "es ist kein Fleisch, es ist Huehnchen!" ;-)
In diesem Sinn, "buen provecho"- "guten Appetit", ich geh jetzt was essen!

Weihnachtsnachtrag


Es ist zwar inzwischen auch schon wieder 2 Wochen her, aber ich moechte trotzdem von meinem mexikanischen Weihnachten berichten.
Mit Sarah und Nani, zwei deutschen Medizinerinnen, die in Campeche (6 Stunden von Villahermosa entfernt) ihr PJ machen, war ich in Oaxaca. Die 12 Stunden im wieder einmal eiskalten Bus (wohl um zu zeigen, dass die Klimaanlage funktioniert werden die Busse auf gefuehlte 12-15Grad gekuehlt) haben sich gelohnt. Oaxaca-Stadt liegt auf einer Hochebene und ist eine ganz andere Welt als der Urwald und die feuchte Hitze von Villahermosa oder Palenque.
Die Attraktion des 23. Dezembers war die "Noche de los Rabanos", "die Nacht der Rettiche". Seit 110 Jahren werden zu Weihnachten die unmoeglichsten Dinge aus Rettichen geschnitzt oder aus Bananenblaettern gefaltet und ausgestellt. Wir hatten uns klugerweise schon nachmittags die bereits ausgestellten Kunstwerke angeschaut, abends waeren wir zwei Stunden in der Schlange gestanden!





Eine halbe Stunde von Oaxaca entfernt liegt Monte Alban, eine Ruinenstadt der Zapoteken. Auch diese Stadt wurde, wie Palenque zuvor von den Mayas, irgendwann einfach verlassen. Die Historiker glauben dass den Leuten unter anderem die Politik ihres Herrschers nicht mehr gepasst und Trinkwasser gefehlt hat. Kann man sich gut vorstellen!



Nach der "Bescherung" mit deutschen Lebkuchen waren wir in der Messe, leider nur mit einem uns bekannten Lied. Dafuer haben wir auf dem Rueckweg zum Hostel alle Weihnachts- und Adventslieder gesungen, die uns eingefallen sind, einschliesslich "Maria durch ein Dornwald ging" und "Es wird scho glei dumpa".

Der kroenende Abschluss der "Weihnachtsferien" war dann aber der naechste Tag: die Besitzer unseres Hostals haben uns mit zum Klettern genommen! Fuer alle drei das erste Mal und dann gleich raus an die Wand. Aber wir haben uns tapfer geschlagen und sind die Routen hoch gekommen. Ich hatte nur anschliessend drei Tage lang Muskelkater! Wer moechte ab April mit mir in Muenchen klettern gehen? ;-)






Alles in allem waren die 3 Tage schon so etwas wie Urlaub und ich freu mich schon, mit Krik noch einmal hinzufahren. Alle Nas lang gibt es in Mexiko eine neue Welt zu entdecken!